Empfehlungen zu Präparaten und Lebensstil

Wie berate ich zu Hämorrhoidalleiden?

Stuttgart - 18.04.2024, 06:58 Uhr

Wenn's es am After juckt und brennt, sind oft vergrößerte Hämorrhoiden Schuld an den Symptomen.  (Foto: Pixel-Shot/AdobeStock)

Wenn's es am After juckt und brennt, sind oft vergrößerte Hämorrhoiden Schuld an den Symptomen.  (Foto: Pixel-Shot/AdobeStock)


Niemand weiß genau, wie viele Menschen in Deutschland unter Problemen wie Juckreiz, Nässen, Brennen, Schmerzen und sogar Blutungen oder Prolaps am After leiden. Nach Schätzungen sind in Deutschland bis zu 70% der Erwachsenen mindestens einmal im Leben von diesen Symptomen eines Hämorrhoidalleidens betroffen. Welche Tipps können Apotheker Betroffenen geben und welche Präparate eigenen sich?

Jeder Mensch hat zur Feinabdichtung des Analkanals ein Gefäßpolster, den Hämorrhoidalplexus, der durch elastische Bindegewebs- und Muskelfasern stabilisiert wird. Wenn keine Darmentleerung stattfindet, ist das Gefäßpolster mit Blut gefüllt. Steht die Defäkation an, entleert es sich. Wie das genau funktioniert, ist immer noch nicht ganz geklärt. Es müssen mehrere Faktoren zusammenspielen. Wahrscheinlich sind Dehnungsreize des Rektums, Anspannung und Erschlaffung der gestreiften und glatten Muskulatur, sowie das sympathische und parasympathische Nervensystem beteiligt. Wenn sich der Hämorrhoidalplexus durch anhaltende Belastung vergrößert, spricht man von Hämorrhoiden und wenn Beschwerden auftreten, von einem Hämorrhoidalleiden. Hämorrhoiden werden in vier Stadien eingeteilt. Bei Grad I ist das Gefäßpolster vergrößert ohne Prolaps (Vorfall), bei Grad II erfolgt beim Pressen ein Prolaps, der sich aber spontan zurückzieht. Grad III bezeichnet Hämorrhoidal­beschwerden, die beim Pressen prolabieren (z. B. bei Defäkation, aber auch bei schwerem Heben oder Tragen), sich aber nicht mehr von selbst zurückziehen. Eine manuelle Reposition ist möglich, das heißt sie können noch mit dem Finger zurückgeschoben werden. Das ist bei Grad IV nicht mehr möglich, der Prolaps besteht dauerhaft. Ab Stadium III ist eine vollständige Abdichtung des Analkanals nicht mehr möglich und es kann zum unkontrollierten Abgang von Darmgasen, Sekret oder Stuhlschmiere kommen.

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Das Hauptsymptom, das auch meist der Grund ist, warum Patienten in der Apotheke Hilfe suchen, sind schmerzlose Blutungen, die einmalig, wiederholt oder dauerhaft auftreten können. Meist bemerken die Patienten das Blut beim Stuhlgang, da durch das damit verbundene Pressen das Gefäßpolster aufreißen kann. Die Blutmenge variiert von minimalen Spuren auf dem Toilettenpapier bis zu tropfenden Blutungen aus dem After. Bei diesen Blutungen handelt es sich um hellrotes, arterielles Blut. Durch die dauerhafte Schleimhautreizung kommt es zu Nässen und Schleim­absonderungen und damit spürt die betroffene Person Brennen oder Juckreiz am After (Pruritus ani).

Schmerzen durch Hämorrhoiden?

Viele Patienten klagen über Schmerzen. Diese werden jedoch nicht durch die Hämorrhoiden selbst verursacht, da diese im nicht-sensiblen Teil des Rektums liegen. Die Schmerzen entstehen dadurch, dass zusätzlich schmerzhafte Fissuren (kleine Risse, bei bis zu 70% der Betroffenen), ein Analekzem oder Thrombosen bestehen.

Vereinzelt sind durch den Prolaps Druckschmerz, das Gefühl unvollständiger Entleerung oder ein Fremdkörper­gefühl möglich. Die Symptome können sporadisch oder dauerhaft, einzeln oder kombiniert auftreten. Im ersten und zweiten Stadium sind dauerhafte Beschwerdefreiheit oder spontane Remission möglich, bei Grad III und IV nehmen die Beschwerden meist zu.

„Was für Beschwerden haben Sie genau?“

Viele Betroffene sprechen nur sehr allgemein von „Problemen“. Um ein geeignetes Präparat auswählen zu können, ist es wichtig, die konkreten Symptome zu erfahren. Wenn man das erklärt, zum Beispiel mit folgendem Satz: „Damit ich ein Präparat auswählen kann, das Ihnen auch gut hilft, muss ich genau wissen, welche Beschwerden Sie haben.“, sind viele Kunden eher bereit, konkret zu antworten. Nun kann man zielgerichtet nachfragen, beispielsweise:

  • Spüren Sie Juckreiz, Schmerzen oder Brennen?
  • Blutet oder nässt es?
  • Welche Farbe hat das Blut? Hellrot? Dunkel?
  • Haben Sie Rückstände in ihrer Unterwäsche bemerkt?
  • Haben Sie die Beschwerden nur beim Stuhlgang oder auch bei anderen Gelegenheiten?
  • Kommen die Symptome immer wieder oder haben Sie dauerhaft Beschwerden?
  • Haben Sie nachts Schmerzen oder Juckreiz?

Woher kommen Hämorrhoidalleiden?

Sichere wissenschaftliche Daten zur Entstehung gibt es derzeit noch nicht. Nach einer aktuellen Untersuchung spielt auf jeden Fall eine genetische Veranlagung zu einer Funktionsstörung, die die glatte Muskulatur, das Epithel und das Bindegewebe schwächt, eine Rolle [2]. Auch Alterungsprozesse scheinen die Wahrscheinlichkeit zu erhöhen. Einen wichtigen Einfluss hat der Stuhlgang: Chronische Obstipation und harter Stuhl führen dazu, dass bei der Defäkation gepresst wird und das drückt auf das Gefäßpolster.

Aber auch ein zu weicher Stuhl oder häufiger Durchfall, zum Beispiel bei Laxanzienmissbrauch, sind ungünstig, da hierbei der Schließmuskel nicht entspannt wird und sich damit auch die Schwellkörper nicht völlig entleeren können. Schwangerschaft, sitzende Tätigkeit und Bewegungsmangel, Übergewicht und eine Ernährung mit wenigen Ballaststoffen tragen wahrscheinlich ebenfalls dazu bei, dass Hämorrhoidalbeschwerden auftreten.

Wann muss der Patient zum Arzt?

Zu Beginn der Beratung sollte zunächst geklärt werden, ob bereits eine ärztliche Diagnose vorliegt. Falls nicht, sollte höchstens zur Überbrückung bis zum Arztbesuch ein Präparat mitgegeben werden, damit nicht eine schwerwiegende Erkrankung verschleppt wird. Helles Blut kann im schlimmsten Fall von einem Tumor im Enddarm stammen und das muss unbedingt ausgeschlossen werden. Auch beispielsweise ein Abszess (eine Eiteransammlung in einem neu gebildeten Hohlraum im Gewebe), eine Fistel (eine schlauchartige Verbindung zwischen zwei Hohlorganen oder einem Hohlorgan und der Körperoberfläche), eine Analthrombose (ein Blutgerinnsel in einer Perianalvene, das plötzlich einen schmerzhaften, harten Knoten unter der Haut am Afterrand verursacht) oder ein Ekzem können vergleichbare Beschwerden wie ein Hämorrhoidalleiden hervorrufen. Infektionen, zum Beispiel durch Pilze, Herpes- oder Humane Papillomviren, können ebenfalls nur durch den Arzt ausgeschlossen werden.

Unbedingt zu einem Arztbesuch sollte nicht nur anfangs, sondern auch während der Therapie geraten werden, wenn folgende Beschwerden auftreten: Stärkere Blutungen, keine Besserung oder sogar Verschlechterung der Symptome trotz Therapie, dunkelrotes oder geronnenes Blut (es stammt aus höher liegenden Darmabschnitten), Schmerzen (hier sind die Hämorrhoiden nicht die Ursache) oder Symptome wie ein deutliches Fremdkörpergefühl oder unkontrollierte Ausscheidung von Schleim oder Stuhlschmiere, die auf ein fortgeschrittenes Stadium des Hämorrhoidalleidens hindeuten. Zudem ist eine kausale Behandlung nur durch den Proktologen möglich. Gerade bei anhaltenden Beschwerden oder einer Verschlechterung profitieren die Patienten sehr, wenn sie ihre Abneigung gegen eine Untersuchung im Intim­bereich überwinden können.

Wie können Symptome von Hämorrhoidalbeschwerden gelindert werden?

Die im März 2024 abgelaufene S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden der Deutschen Gesellschaft für Koloproktologie (DGK) gliedert die Therapie in konservative und operative Maßnahmen [1]. Zur konservativen Therapie gehören die sogenannte Basistherapie, die medikamentöse Behandlung zur rein symptomatischen Linderung akuter Beschwerden und zwei nicht-operative Eingriffe zur Einschränkung des Hämorrhoidenwachstums.

Die Verödung beziehungsweise Sklerosierung der Hämorrhoiden durch Einspritzen einer Polidocanol-Lösung und die Gummibandligatur, durch die ein Teil des vergrößerten Gewebes abstirbt [3].

In einem aktuellen Review wurden die Effekte der konservativen Behandlung bewertet. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die konservative Behandlung für die meisten Patienten mit Hämorrhoiden Grad I und II eine effektive Linderung der Beschwerden bewirkt.

Wichtig ist demnach die Änderung der Ernährung und des Lebensstils für einen regelmäßigen, weichen Stuhlgang. Für akute oder postoperative Beschwerden können topische Zubereitungen helfen. In Deutschland nicht zugelassene orale Venenmittel, die Flavonoide enthalten, können ebenfalls zur Symptomkontrolle beitragen [4].

Patientenfall 1: Juckreiz, Brennen oder Schmerzen

Ein großer Teil der Patienten hat vor allem beim Stuhlgang Beschwerden. Wenn hierbei Juckreiz, Brennen oder Schmerzen verspürt werden, eignet sich eine Salbe mit einem Lokalanästhetikum wie Lidocain oder Quinisocain, das schnell, meist innerhalb von 30 Minuten, wirkt. Wichtig ist, den Kundennutzen hervorzuheben: „Diese Rektalsalbe wirkt schnell juckreiz- und schmerzlindernd. Sie können sie bis zu dreimal täglich anwenden, wenn Sie Beschwerden haben. Wenn möglich, tragen Sie die Salbe ca. 30 Minuten vor und sofort nach der Stuhlentleerung auf. Im äußeren Bereich verwenden Sie am besten den Finger, um die Salbe dünn aufzutragen und einzureiben. Für die Applikation im Inneren des Rektums kann der beigefügte Applikator verwendet werden. Schrauben Sie dafür den Applikator auf die Tube und füllen sie ihn mit Salbe. Damit er besser gleitet, können Sie ihn auch außen dünn bestreichen. Dann führen Sie ihn in den After ein. Wenn der Applikator seitliche Öffnungen hat, drücken sie nun auf die Tube und ziehen ihn anschließend mit einer Drehbewegung heraus. Dadurch verteilt sich die Salbe gut. Sollte der Applikator eine Öffnung an der Spitze haben, drücken sie auf die Tube, während sie ihn langsam herausziehen.“

Welche Arzneimittel und Medizinprodukte können Patienten mit Hämorrhoidalleiden empfohlen werden?

Hier kommen Lokalanästhetika, Gerbstoffe, ätherische Öle und Flavonoide sowie rezeptpflichtige Glucocorticoide zum Einsatz. In Deutschland werden ausschließlich lokale Darreichungsformen angewandt, am häufigsten halbfeste Zubereitungen (Cremes und Salben) oder Suppositorien. Letztere haben den Nachteil, dass sie nach dem Einführen am Hämorrhoidalplexus vorbei in das Rektum rutschen. Dort werden die Wirkstoffe freigesetzt und gelangen nur kurzzeitig bei der Stuhlentleerung an den eigentlichen Wirkort.

Wahrscheinlich wirken Suppositorien daher bei Hämorrhoidalleiden schwächer und man sollte unbedingt darauf hinweisen, dass sie nicht zu tief eingeführt werden. Seltener werden Umschläge oder Sitzbäder angewandt, Fertigarzneimittel in Form von Rektaltampons, also Suppositorien mit Mulleinlage, sind nicht mehr im Handel.

Tab. Beispiele für lokale Hämorrhoidenmittel [Lauer-Fischer-Taxe, Stand 28. März 2024, 6]

WirkstoffPräparat (Beispiel)Hinweise
Selbstmedikation: Lokalanästhetika
Lidocain
  • Posterisan® akut 50 mg pro g Rektalsalbe, 50 mg pro g Rektalsalbe mit Analdehner
bei Schmerzen nur vor einer proktologischen Untersuchung zwei- bis dreimal täglich bis zum Arztbesuch, höchstens 2,5 g pro Anwendung, Juckreiz maximal drei Tage
Quinisocain
  • Haenal® akut Creme
gegen Brennen und Juckreiz, Anwendung ein- bis zweimal täglich maximal eine Woche durchgehend, nur Erwachsene, in der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung, nicht in der Stillzeit
Selbstmedikation: Gerbstoffe
basisches Bismutgallat und Titandioxid
  • Mastu® Salbe, Zäpfchen
  • Bismolan® Salbe
Medizinprodukte, nur Erwachsene, maximal 30 Tage, in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit dem Arzt
basisches Bismutgallat und Hamamelisrinde-Extrakt, Tannin
  • Eulatin NH Salbe
Medizinprodukt, zwei- bis dreimal täglich, nicht in Schwangerschaft und Stillzeit
Hamamelisblätter-, Hamamelisrinde- und/oder Hamameliszweig-Extrakt
  • Faktu® lind Hämorrhoidensalbe, Hämorrhoidenzäpfchen
  • Haenal® fact Hamamelis SalbeHaenal® Hamamelis Zäpfchen
  • Hametum® Hämorrhoidensalbe, Hämorrhoidenzäpfchen
  • Posterine® Salbe, Suppositorien
mindestens zweimal täglich,in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach Rücksprache mit dem Arzt, maximal zwei Wochen anwenden
Phenolsulfonsäure-Phenol-Urea-Formaldehyd-Kondensat (Synthetische Gerbstoffe)
  • Tannolact® Badezusatz
  • Tannosynt® flüssig Lösung

täglich oder zwei- bis dreimal pro Woche,

Tannolact®: Sitzbad: 10 g = 1 Beutel pro 25 l Wasser, Umschläge 5 g pro 5 l Wasser,

Tannosynt®: Sitzbad oder Umschläge 5 ml pro 5 l Wasser,

möglich in Schwangerschaft und Stillzeit

Selbstmedikation: ätherische Öle und Flavonoide
Kamillenblüten-Extrakt
  • Kamillin® Extern Robugen, Lösung
  • Kamillosan® Konzentrat
zum Auftragen mehrmals täglich, als Sitzbad oder Umschläge ein bis mehrmals täglich
rezeptpflichtige Präparate mit Lokalanästhetikum oder Lokalanästhetikum + Glucocorticoid
Cinchocain
  • DoloPosterine® N Salbe, Salbe + Analdehner, Zäpfchen
ab 12 Jahren, Anwendung maximal eine Woche, in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung
Fluocinonid und Lidocain
  • Jelliproct® Kombipackung Salbe + Zäpfchen
auch im Zusammenhang mit proktologischen Eingriffen, zweimal täglich, maximal zwei Wochen, in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung
Fluocortolon und Lidocain
  • Doloproct® 0,1% + 2% Rektalcreme Doloproct® 1 mg + 40 mg Zäpfchen
ab 18 Jahren, zweimal täglich, maximal zwei Wochen, in Schwangerschaft und Stillzeit nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung

Wichtig ist bei Zäpfchen und halbfesten Zubereitungen der Hinweis, dass die Reißfestigkeit von Latex-Kondomen durch die in der Zubereitung enthaltenen Hilfsstoffe, zum Beispiel Paraffin und weißes Vaselin, reduziert sein kann. Beispiele für Präparate finden Sie in der Tabelle. Lokalanästhetika wirken vor allem gegen den Juckreiz, das Brennen und gegen Schmerzen. Sie blockieren Natrium-Ionenkanäle in der Membran sensibler Nervenfasern und hemmen damit die Reizweiterleitung. Eingesetzt werden in der Selbstmedika­tion Lidocain und Quinisocain, bei rezeptpflichtigen Präparaten ist auch Cinchocain enthalten. Die Substanzen sollten nur kurzzeitig angewendet werden, da sie allergische Reaktionen hervorrufen können.

Gerbstoffe bei Hämorrhoidalleiden einsetzen

Gerbstoffe wirken denaturierend auf Proteine der oberen Haut- und Schleimhautschichten und bilden mit diesen eine zusammenhängende Koagulationsschicht, die das darunter liegende Gewebe schützt. So wirken sie adstringierend (zusammenziehend) und damit leicht blutstillend und gegen das Nässen der Schleimhaut. Außerdem sind sie antiphlogistisch und leicht lokalanästhetisch, so dass Juckreiz, Brennen und Entzündungen der Haut und Schleimhaut im Anal­bereich gelindert werden. Häufig werden pflanzliche Extrakte von Hamamelisblättern, -rinde und -zweigen (Virginische Zaubernuss, Hamamelis virginiana) eingesetzt. Die European Medicines Agency (EMA) bescheinigt diesen Extrakten einen „Traditional Use“ und legt fest, dass sie erst ab 18 Jahren angewendet werden dürfen [5].

Patientenfall 2: Brennen, Juckreiz und Nässen

Wenn die Hauptsymptome Brennen, Juckreiz und Nässen sind, können Gerbstoffe zur Linderung angewandt werden. Auch diese gibt es in Form von Salben oder Cremes und Zäpfchen, aber auch als Sitzbäder und Umschläge. Eine Empfehlung könnte lauten: „Diese Salbe enthält einen pflanzlichen Extrakt aus Hamamelisblättern, der leicht austrocknend und entzündungshemmend wirkt, den Juckreiz lindert und das Abheilen fördert. Sie können sie mehrmals täglich anwenden solange Sie die Symptome haben, maximal jedoch vier Wochen. Sollte nach einer Woche keine Besserung oder sogar eine Verschlechterung der Beschwerden auftreten, gehen Sie bitte zum Arzt.“

Eine weitere Möglichkeit ist hier die Kombination von einem Lokalanästhetikum tagsüber, das schnell eine Linderung von Juckreiz und Schmerzen bewirkt, mit einem gerbstoffhaltigen Präparat für die Nacht, das zusätzlich das Nässen reduziert und die Heilung fördert.

Die Präparate werden in der Selbstmedikation mindestens zweimal täglich für maximal vier Wochen angewendet. Alternativ kann basisches Bismutgallat empfohlen werden, das in Medizinprodukten in Kombination mit Titandioxid enthalten ist. Es wirkt ebenfalls gegen Juckreiz, Brennen und Nässen, das zugesetzte Titandioxid wirkt sekretbindend und wundheilungsfördernd. Gerbstoffe können außer als halbfeste Zubereitungen oder Zäpfchen auch als Sitzbäder und Umschläge appliziert werden, wobei Eichenrinde (Quercus cortex) und Hamamelisblätter (Hamamelidis folium) oder Hamamelisrinde (Hamamelidis cortex) nur für Umschläge eingesetzt werden [5]. Fertigarzneimittel mit synthetischen Gerbstoffen werden auch als Sitzbäder angewandt. Kamillenblüten (Matricariae flos) und deren Extrakte enthalten ätherische Öle und Flavonoide. Sie werden traditionell auch bei Hämorrhoidalleiden in Form von Sitzbädern, Umschlägen oder Salben eingesetzt und wirken entzündungshemmend [5]. Nur in rezeptpflichtigen Präparaten sind Glucocorticoide enthalten, die stark entzündungshemmend wirken. Es gibt nur Fertigarzneimittel bei denen das Glucocorticoid mit Lidocain kombiniert ist. Sie werden kurzfristig gegen Schmerzen und Entzündung angewandt.

Für die Selbstmedikation sollten die Präparate entsprechend der Symptome ausgewählt werden. In den Kästen „Patientenfall 1“ und „Patientenfall 2“ finden Sie Beispiele und konkrete Beratungshinweise.

Wie kann zu Ernährung und Lebensstil beraten werden?

Da ballaststoffarme Ernährung und Bewegungsmangel Hämorrhoidalleiden begünstigen, ist eine Änderung des Lebensstils Teil der Basistherapie. Defäkationsverhalten und Stuhlregulation sollten ebenfalls angepasst werden, wenn nötig.

  • „Da Hämorrhoiden durch Verstopfung und starkes Pressen auf der Toilette entstehen können, sollten Sie versuchen, ihre Verdauung zu verbessern, denn ein weicher, regelmäßiger Stuhlgang entlastet den Darm. Ernähren Sie sich ballaststoffreich und trinken sie dazu ausreichend, mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Tag.“
  • „Sollte eine Ernährungsumstellung nicht ausreichen, können Sie zusätzlich ein Quellstoffpräparat einnehmen. Eine gute Wirkung haben indische Flohsamenschalen, zum Beispiel in Mucofalk® oder Metamucil®. Aber bitte auch hier, unbedingt reichlich trinken, sonst wird eine Verstopfung eher noch verstärkt.“
  • „Bewegungsmangel und eine sitzende Lebensweise können zur Entstehung eines Hämorrhoidalleidens beitragen. Regelmäßige Spaziergänge oder noch besser Ausdauersport, vor allem Schwimmen und Radfahren, entlasten den Beckenboden und nehmen dadurch Druck von den Hämorrhoidalpolstern.“
  • „Zur Stärkung des Bindegewebes könnten Sie Beckenbodengymnastik ausprobieren. Es gibt viele einfache Übungen, die sich gut in den Alltag integrieren lassen.“

Welche Tipps können noch mitgegeben werden?

Nach der Anwendung eines Applikators sollte dieser gereinigt werden. Wenn er auf der Tube bleibt, sollte noch etwas Salbe herausgedrückt werden, um Reste aus dem Darm aus den Öffnungen zu entfernen. Dann wird der Applikator mit einem saugfähigen Tuch abgewischt. Wird die Salbe über längere Zeit nicht benutzt, sollte der Applikator abgeschraubt und mit warmem Wasser gereinigt werden. Danach sollte man ihn trocknen lassen. Sowohl Zäpfchen, als auch Salben und Cremes können die Wäsche verschmutzen. Die Patienten sind daher meist dankbar, wenn sie vorher darauf hingewiesen werden und mit Slipeinlagen oder speziellen Analvorlagen Flecken vermeiden können. Bei der Reinigung der Analregion sollte am besten nur warmes Wasser verwendet werden, wenn möglich nach jedem Stuhlgang. Wenn Feuchttücher, Waschlotionen oder Waschstücke eingesetzt werden, sollten sie keine reizenden Zusatzstoffe wie Duftstoffe enthalten.

Zur Pflege der Analregion gibt es auch spezielle Salben und Cremes, die einen Schutzfilm auf der Haut bilden und die Haut geschmeidiger machen. Ein Produktbeispiel ist Posterisan® protect (Salbe, Salbe mit Analdehner, Zäpfchen) mit Jojobawachs, Cetiol und Bienenwachs. Bei manchen Produkten gegen Hämorrhoidalleiden ist zusätzlich ein Analdehner beigepackt. Er dient zur schrittweisen Dehnung des verkrampften Schließmuskels oder beugt Schließmuskelkrämpfen vor. Vor dem Einführen wird der Analdehner dünn mit Salbe bestrichen und unter Drehbewegungen vorsichtig so weit eingeführt, wie es ohne Schmerzen möglich ist. Er sollte zweimal täglich für zwei Minuten angewandt und danach mit lauwarmem Wasser gereinigt werden. 

Literatur

[1] Joos AK et al. S3-Leitlinie Hämorrhoidalleiden (Langfassung). Deutsche Gesellschaft für Koloproktologie, Stand April 2019, AWMF-Register Nr. 081/007

[2] Zheng T, Ellinghaus D, Juzenas S et al. Genome-wide analysis of 944 133 individuals provides insights into the etiology of haemorrhoidal disease. Gut 2021;70:1538–1549. doi.org/10.1136/gutjnl-2020-323868

[3] Ganz RA. The Evaluation and Treatment of Hemorrhoids: A Guide for the Gastroenterologist. Clin Gastroenterol Hepatol 2013;11(6):593-603, doi: 10.1016/j.cgh.2012.12.020

[4] Stratta E, Gallo G et. al. Conservative Treatment of Hemorrhoidal Disease. Rev Recent Clin Trials 2021;16(1):87-90. doi: 10.2174/1574887115666201021150144

[5] Hamamelidis cortex, Hamamelidis folium, Hamamelidis folium et cortex aut ramunculus destillatum, Matricariae flos, Quercus cortex. HPMC-Monographien: www.ema.europa.eu Stand 11. März 2024

[6] Fachinformationen der jeweiligen Fertigarzneimittel


Apothekerin Dr. Karin Krämer
redaktion@daz.online


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